\( \def\pause{} \newcommand{\alert}[1]{\color{red}{#1}} \let\epsilon\varepsilon \let\subseteq\subseteqq \let\supseteq\supseteqq \let\setminus\smallsetminus \let\le\leqq \let\leq\leqq \let\ge\geqq \let\geq\geqq \newcommand{\NN}{\mathbb N} \newcommand{\RR}{\mathbb R} \renewcommand{\limsup}{\mathop{\overline{\mathrm{lim}}}} \renewcommand{\liminf}{\mathop{\underline{\mathrm{lim}}}} \newcommand{\redlimsup}{\mathop{\color{red}{\overline{\mathrm{lim}}}}} \newcommand{\redliminf}{\mathop{\color{red}{\underline{\mathrm{lim}}}}} \newcommand{\konv}[1][]{\mathbin{\mathop{\longrightarrow}\limits_{#1}}} \newcommand{\bigset}[2]{\left\{{#1}\left|\strut \vphantom{#1}\vphantom{#2}\right.\, {#2}\right\}} \newcommand{\set}[2]{\left\{\smash{#1}\left|% \vphantom{\smash{#1}}\vphantom{\smash{#2}}\right.\,\smash{#2}\right\}} \newcommand{\E}{\mathrm{e}} \newcommand{\I}{\mathrm{i}} \newcommand{\diff}{\mathop{\mathrm{\kern0pt d}}} \newcommand{\diffAt}[3]{\frac{\diff}{\diff{#2}}\,\left.{\vphantom{\frac00}#1}\,\right|_{#2=#3}} \newcommand{\partAt}[3]{\frac{\partial}{\partial{#2}}\,\left.{\vphantom{\frac00}#1}\,\right|_{#2=#3}} \newcommand{\diffgleich}{\mathbin{\,\mathop{=}\limits^{\,\prime}}\,} \newcommand{\grad}{\mathop{\mathrm{grad}}} \newcommand{\Jac}[2]{\mathrm{J}{#1}\left(#2\right)} \newcommand{\Hesse}[2]{\mathrm{H}{#1}\left(#2\right)} \newcommand{\Hesso}[1]{\mathrm{H}{#1}} \newcommand{\ds}{\displaystyle} \newcommand{\arsinh}{\mathop{\mathrm{arsinh}}\nolimits} \)

3. Integralrechnung

3.1. Stammfunktionen

3.1.1. Definition.

Es sei \( f\colon I\to\RR \) eine reelle Funktion, definiert auf auf einem beliebigen Intervall \(I\).

Eine Funktion \( F\colon I\to\RR \) heißt Stammfunktion von \(f\), wenn \(F\) differenzierbar ist und für alle \( x\in I \) gilt: \( F'(x)=f(x) \).

Gehören zu \(I\) Randpunkte, so muss man dort einseitige Differenzierbarkeit (im Sinne von 2.1.2) verlangen.

Wenn überhaupt eine Stammfunktion zu \(f\) existiert, gibt es gleich mehrere:

Für \( c\in\RR \) ist mit \(F\) auch \( \color{red}{F+c}\colon I\to\RR \colon \) \( x\mapsto F(x)+c \) eine Stammfunktion von \(f\).

Nach 2.4.6 sind damit aber schon alle Möglichkeiten abgedeckt.
(Hier braucht man, dass der Definitionsbereich ein Intervall ist - also an einem Stück zusammenhängt!)

3.1.2. Lemma.

Es sei \(I\) ein Intervall. Wenn \( f\colon I\to\RR \) eine Stammfunktion \(F\) besitzt, dann ist \( \alert{[F]} := \pause \bigset{F+c}{c\in\RR} \) die Menge aller Stammfunktionen von \(f\).

Diese Menge wird auch mit \( \alert{\int f(x) \,\diff x} \) bezeichnet, man nennt sie das unbestimmte Integral von \(f\).

3.1.3. Bemerkung.

Die Voraussetzung, dass der Definitionsbereich von \(f\) ein Intervall sei, ist wichtig für 3.1.2.

Besteht dieser Definitionsbereich etwa aus zwei getrennten Intervallen (wie z. B. bei \( f\colon\RR\setminus\{0\}\to\RR\colon{} \) \( x\mapsto\frac1{x^2} \) ),
so kann man auf jedem dieser Intervalle eine eigene additive Konstante wählen.

Im Beispiel wäre

\( G\colon \RR\setminus\{0\}\to\RR \colon{} \) \( x\mapsto \begin{cases} -\frac1x & \text{ falls $x\in(-\infty,0)$,} \\ 17-\frac1x & \text{ falls $x\in(0,+\infty)$} \end{cases} \)

eine Stammfunktion für die eben betrachtete Funktion \(f\).

3.1.4. Schreibweise.

Statt die Menge \([F]\) anzugeben, schreiben viele Autoren \( \int f(x) \,\diff x = \) \( F(x) \alert{{}+c} \) und meinen damit die eben genannte Menge von Funktionen.

Da die Stammfunktion nur bis auf eine additive Konstante bestimmt ist, muss man bei Gleichheit von Stammfunktionen Vorsicht walten lassen:

Eigentlich muss man stets von der Menge aller Stammfunktionen sprechen.

Meistens gibt man kurzerhand einen Vertreter \(F\) dieser Menge an.
Die eckigen Klammern erinnern uns, dass wir aus dem einen Vertreter \(F\) die Menge \( [F] = \set{F+x}{x\in\RR} \) zu bilden haben.

3.1.5. Definition.

Ist \(F\) eine Stammfunktion für \( f\colon I\to\RR \), so nennt man für \( a,b\in I \) die Zahl

\( \ds \alert{\int\limits_a^b f(x) \,\diff x } \) \( := F(b) - F(a) \)

das bestimmte Integral über \(f\) von \(a\) bis \(b\)
oder das bestimmte Integral mit den Grenzen \(a\) und \(b\).

Eine sehr gebräuchliche Schreibweise ist \( \alert{\bigl[ F(x) \bigr]_a^b} := \) \( F(b)-F(a) \).

3.1.6. Bemerkungen.

  1. Wegen 3.1.2 hängt die Definition des bestimmten Integrals nicht von der Wahl der Stammfunktion ab:
    Für eine zweite Stammfunktion \(G\) gilt \(G = F + c\) und daher
    \( \bigl[G(x)\bigr]_a^b \) \( = G(b) - G(a) \) \( = F(b) + c - F(a) - c \) \( = F(b) - F(a) \) \( = \bigl[F(x)\bigr]_a^b \).
  2. Mit Hilfe des bestimmten Integrals kann man wieder eine Stammfunktion gewinnen:
    \( F_a(\alert{x}) := \int_a^{\alert x} f(t) \,\diff t \).
    Die Wahl von \(a\) entspricht der Wahl der additiven Konstanten.

3.1.7. Stammfunktionen von Standardfunktionen.

Unbestimmte Integrale vieler gebräuchlicher Funktionen findet man in Tabellenwerken wie etwa dem von Bronstein.

Besonders fundamental sind die folgenden:

\( f(x) \) \( x^a \) \( \E^x \) \( b^x \) \( \sin x \) \( \cos x \) \( \sinh x \) \( \cosh x \)
\( \ds\int f(x)\,\diff x \) \( \left[ \dfrac{x^{a+1}} {a+1} \right] \) \( \left[\strut\E^x\right] \) \( \left[\dfrac{b^x}{\ln b}\right] \) \( \left[-\cos x\right] \) \( \left[\sin x\right] \) \( \left[\cosh x\right] \) \( \left[\sinh x\right] \)

\( f(x) \) \( \dfrac1x \) \( \dfrac1{(\cos x)^2} \) \( \dfrac1{1+x^2} \) \( \dfrac1{\sqrt{1_{}-x^2}} \) \( \dfrac1{\sqrt{1_{}+x^2}} \)
\( \ds\int f(x)\,\diff x \) \( \left[\strut\ln \color{red}|x\color{red}|\right] \) \( \left[ \strut\tan x \right] \) \( \left[ \strut\arctan x \right] \) \( \left[ \strut\arcsin x \right] \) \( \left[ \strut\arsinh x \right] \)

Hier sind \(a\) und \(b\) reelle Konstanten mit \(a\ne-1 \) und \( 0 \lt b \ne 1 \).

Die Korrektheit der Tabelle verifiziert man durch Differentiation, vgl. 2.2.5.

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