1.10. Stetigkeit

Wir betrachten im Folgenden Funktionen, die reellen Zahlen wieder reelle Zahlen zuordnen:
Also Abbildungen f:MR mit MR.

Jede solche Funktion kann man durch ihren Graph veranschaulichen: Man trägt y=f(x) über x auf, markiert also die Punkte mit Koordinaten (x,f(x)) für xM.

1.10.1. Beispiele.

f(x)=4x33x f(x)=x3x f(x)=1x2
Parabel 3. Ordnung Parabel mit Lücke Hyperbel
M=R M=R{0} M=R{0}

1.10.2. Beispiele.

f(x)=|x|x g(x)=1x h(x)=cos(1x)
Vorzeichenfunktion Hyperbel wildes Gezappel
M=R{0} M=R{0} M=R{0}

Bei manchen dieser Beispiele weisen die Graphen „Lücken“ oder „Sprünge“ auf. Manche dieser Lücken kann man „sinnvoll“ durch Ergänzung schließen. Bei den Beispielen in 1.10.2 ist das aber nicht möglich. Wir wollen unser Gefühl präzisieren, das uns sagt, welche Ergänzung des Graphen „sinnvoll“ ist.

Das Verhalten der Funktionen in den Beispielen aus 1.10.2 können Sie sich hier interaktiv veranschaulichen:
Sie sehen die drei Graphen übereinander gezeichnet.
Bewegen Sie jeweils den mit "x" markierten Punkt auf der horizontalen Achse - der Punkt (x,f(x)) bzw. (x,g(x)) oder (x,h(x)) wird sich auf dem Funktionsgraphen entsprechend mit bewegen.

1.10.3. Definition.

Es sei MR, und es sei x0M. Eine Funktion f:MR heißt stetig in x0, wenn gilt: Für jede Folge (xj)jN mit xjM und limjNxj=x0 konvergiert die Folge (f(xj))jN gegen f(x0).

Wir schreiben abkürzend xjjx0 oder xjx0, um limjNxj=x0 auszudrücken.

Die Funktion f heißt stetig auf M, wenn sie in jedem Punkt von M stetig ist.

Wichtig ist, dass man wirklich jede Folge xjx0 in M betrachtet!

1.10.4. Beispiel.

Die Funktion f:RR sei definiert durch

f(x):={x falls x{1n|1nnNnN},1 sonst. 

Diese Funktion ist nicht stetig in x0=0, denn für die durch xj:=1j definierte Folge gilt xj0 und f(xj)0, aber 01=f(0). Es gibt aber viele andere gegen 0 konvergente Folgen (z. B. (πj)jN für die die Folge der Funktionswerte gegen f(0) konvergiert!

Es ist sehr schwer, alle Folgen in den Griff bekommen, die gegen eine Stelle x0 konvergieren.
Die folgende Beschreibung wirkt erst einmal abschreckend, wird aber genau mit diesem fundamentalen Problem fertig:

1.10.5. Die ε-δ-Beschreibung der Stetigkeit.

Die Funktion f:MR ist genau dann stetig im Punkt x0 wenn gilt:

ε>0δ>0xM: (|xx0|<δ|f(x)f(x0)|<ε).

Dabei wird zuerst die Fehlertoleranz ε vorgegeben: Die Schranke δ=δε hängt von der Wahl von ε ab.

Man kann das auch so ausdrücken:

1.10.6. Beschreibung der Stetigkeit durch Umgebungen.

Die Funktion f:MR ist genau dann stetig im Punkt x0M, wenn es zu jeder Umgebung U=Uε(f(x0)) eine Umgebung V=Uδ(x0) derart gibt, dass f(VM)U.

Die Beschreibung durch Umgebungen ist recht anschaulich:

Umgebungen Umgebungen Umgebungen
x0 x0 x0
Es gilt hier aber
f(Uδ(x0))Uε(f(x0)); f(U2δ(x0))Uε(f(x0)); f(Uδ(x0))U12ε(f(x0)).

Ihnen ist das nicht anschaulich genug?
(verständlich...)

Ein interaktives Spielzeug dazu finden Sie hier.

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