2.7. Extrema

Wenn eine differenzierbare Funktion f:(a,b)R an der Stelle x0(a,b) ein lokales Extremum besitzt, dann gilt f(x0)=0.

Man möchte dieses notwendige Kriterium gerne umkehren, weil es leicht zu handhaben ist.

Allerdings zeigt f(x)=x3, dass die simple Umkehrung des Kriteriums nicht gutgeht:

Bei x0=0 gilt f(0)=0, aber es liegt kein lokales Extremum vor.

Graph von x^3

2.7.1. Lemma.

Es sei f:(a,b)R eine differenzierbare Funktion. Bei x0(a,b) gelte f(x0)=0.

Wenn die Ableitung bei x0 das Vorzeichen wechselt, liegt an der Stelle x0 ein lokales Extremum vor.

Genauer:
Wechselt das Vorzeichen von f(x) von + (für x<x0) nach (für x>x0), so besitzt f in x0 ein lokales Maximum
[die Funktion steigt bis x0 , danach fällt sie].

Beim umgekehrten Vorzeichenwechsel liegt ein lokales Minimum vor.

2.7.2. Beispiel.

Die Funktion f:RR:xx3+bx2+cx+d hat die Ableitung f(x)=3x2+2bx+c.

Die Nullstellen der Ableitung ergeben sich als x0=13(bb23c) und x1=13(b+b23c)
— wenn diese Stellen reelle Zahlen sind...

Für b2>3c sind dies zwei reelle Nullstellen, die Ableitung hat zwischen diesen Nullstellen negatives, sonst positives Vorzeichen.

An beiden Stellen liegt also jeweils ein lokales Extremum vor:
bei x0 ein lokales Maximum,
bei x1 ein lokales Minimum.

Für b2=3c fallen die beiden Nullstellen zusammen, der Vorzeichenwechsel verschwindet, und es liegt kein lokales Extremum vor.

Im Fall b2<3c gibt es keine reellen Nullstellen der Ableitung und deswegen keine lokalen Extrema.

In der folgenden Skizze können Sie die Parameter b, c und d selber verändern.
Beachten Sie: die Skalierung der y-Achse ist so angepasst, dass Sie möglichst viel vom Funktionsgraphen sehen.

Man kann den Vorzeichenwechsel oft am Verhalten der zweiten Ableitung erkennen.
Dies ist Teil des folgenden, sehr allgemeinen Kriteriums:

2.7.3. Satz.

Es sei f:(a,b)R eine n-mal stetig differenzierbare Funktion,
und an der Stelle x0(a,b) gelte f(x0)=0 =f(x0) ==f(n1)(x0), aber f(n)(x0)0.

(Die "Pünktchen-Schreibweise" kann hier verwirren:
Für n=4 verbirgt sich hinter den Pünktchen gar nichts, für n=3 fallen f und f(n1) zusammen, und für n=2 bleibt nur die Bedingung f(x0)=0 übrig.)

  1. Ist n gerade und n2, dann besitzt f in x0 ein lokales Extremum.
  2. Ist n ungerade, dann liegt in x0 kein Extremum vor.

Beweis.

Nach dem Satz von Taylor 2.6.1 gilt

f(x) =k=0n1f(k)(x0)k!(xx0)k +f(n)(x0+ϑ(xx0))n!(xx0)n =f(x0)+0++0 +f(n)(x0+ϑ(xx0))n!(xx0)n

mit ϑ:=ϑx,x0(0,1).

Ist f(n)(x0)>0, so gilt dies wegen der Stetigkeit von f(n) für alle x aus einer geeigneten Umgebung Uδ(x0).

Für xUδ(x0) liegt wegen ϑ(0,1) auch x0+ϑ(xx0) in Uδ(x0).

Falls n gerade ist, so gilt für xUδ(x0) stets (xx0)n0 und deswegen

f(x)f(x0) =f(n)(x0+ϑ(xx0))n!(xx0)n 0.

Das bedeutet: An der Stelle x0 liegt ein lokales Minimum von f vor.

Analog schließt man im Fall für gerades n auf ein lokales Maximum.

Ist n ungerade, so wechselt der Faktor (xx0)n bei x0 das Vorzeichen, aber das Vorzeichen von f(n)(x0+ϑ(xx0))n! bleibt:

Also liegt dann kein Extremum vor.

2.7.4. Definition.

Sei f:(a,b)R differenzierbar, und es sei (x0,f(x0)) ein lokales Extremum der Ableitung f.

Dann heißt (x0,f(x0)) ein Wendepunkt von f.

2.7.5. Beispiele.

  1. Die Funktion f:RR: xx3 hat im Punkt (0,0) einen Wendepunkt.
  2. Die Funktion q:RR: xx4 hat im Punkt (0,0) keinen Wendepunkt.

Graph von x^3 und Ableitung und Graph von x^4 und Ableitung

Zu Extrema und Wendepunkten gibt es ein interaktives Spielzeug hier und hier noch einmal (mit einer anderen Funktion).

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