1. Folgen und Reihen

1.1 Folgen

In der Analysis begegnen wir einem mathematischen Grundprinzip, das in der linearen Algebra noch keine Rolle gespielt hat:
der Approximation von (komplizierten) Objekten oder Größen durch einfachere, beherrschbare.

1.1.1. Beispiele

  1. Die Tangente an eine glatte Kurve approximiert man durch eine Folge von Sekanten.
  2. Die Fläche unter dem Graph einer stetigen Funktion approximiert man durch Folgen von Rechtecksflächen.
  3. Den Umfang eines Kreises approximiert man durch eine Folge von Umfängen von Polygonen.
  4. eine beliebige reelle Zahl (z.B. π=3,14159265358979323846264338327950288) approximiert man durch eine Folge rationaler Zahlen (nämlich durch abbrechende Dezimalentwicklungen).

Das erste Problem wird in der Differentialrechnung, das zweite und das dritte werden in der Integralrechnung behandelt.

Approximation bedeutet hier: wir nähern uns dem gesuchten Objekt beliebig nahe an. Wir werden dies mit Hilfe des Begriffs der Konvergenz von Folgen präzise fassen.

1.1.2. Schreibweise

Eine Folge (an)nN reeller Zahlen gibt zu jeder natürlichen Zahl nN ein Folgenglied anR an.

Wir werden allgemeiner auch Folgen komplexer Zahlen, Folgen von Vektoren, Folgen von Matrizen oder Folgen von Funktionen betrachten.

Alle diese Folgen werden wir aber auf Folgen reeller Zahlen zurückführen.

1.1.3 Beispiel

Die Folge (an)nN mit an=1n: a1=1,a2=12,a3=13,a4=14,

1.1.4. Beispiel

Die durch an:=(1)n gegebene Folge (an)nN: 1,1,1,1,1,1,1,

Folgen, die (wie diese) bei jedem Folgenglied das Vorzeichen wechseln, nennt man alternierend.

1.1.5. Definition

Eine Folge wird rekursiv definiert, indem man jedes Folgenglied durch seine Vorgänger festlegt und außerdem genügend viele Anfangsglieder vorgibt.

1.1.6. Beispiel

Durch b1:=0, b2:=1 und bn:=bn1+2bn2 wird eine Folge (bn)nN definiert, deren erste Glieder lauten b1=0,b2=1,b3=1,b4=3,b5=5,b6=11,

1.1.7. Beispiel

Ein und dieselbe Folge kann auf sehr verschiedene Arten beschrieben werden.

Die Folge (bn)nN aus 1.1.6 stimmt überein mit der Folge (cn)nN, die definiert wird durch c1:=0 und nN{1}:cn:=2cn1+(1)n.

(IA) Es gilt c1=0=b1 und c2=2c1+(1)2=0+1=1=b2.

(IS) Angenommen, die Behauptung bk=ck sei bewiesen für alle kn: Dann gilt einerseits

bn+1=bn+2bn1=(IH)cn+2cn1=2cn1+(1)n+2cn1=4cn1+(1)n,

andererseits aber auch

cn+1=2cn+(1)n+1=2(2cn1+(1)n)+(1)n+1=4cn1+2(1)n(1)n=4cn1+(1)n.

Datenschutz  *  Impressum