3. Integralrechnung

3.1. Stammfunktionen

3.1.1. Definition.

Es sei f:IR eine reelle Funktion, definiert auf auf einem beliebigen Intervall I.

Eine Funktion F:IR heißt Stammfunktion von f, wenn F differenzierbar ist und für alle xI gilt: F(x)=f(x).

Gehören zu I Randpunkte, so muss man dort einseitige Differenzierbarkeit (im Sinne von 2.1.2) verlangen.

Wenn überhaupt eine Stammfunktion zu f existiert, gibt es gleich mehrere:

Für cR ist mit F auch F+c:IR: xF(x)+c eine Stammfunktion von f.

Nach 2.4.6 sind damit aber schon alle Möglichkeiten abgedeckt.
(Hier braucht man, dass der Definitionsbereich ein Intervall ist - also an einem Stück zusammenhängt!)

3.1.2. Lemma.

Es sei I ein Intervall. Wenn f:IR eine Stammfunktion F besitzt, dann ist [F]:={F+c|F+ccRcR} die Menge aller Stammfunktionen von f.

Diese Menge wird auch mit f(x)dx bezeichnet, man nennt sie das unbestimmte Integral von f.

3.1.3. Bemerkung.

Die Voraussetzung, dass der Definitionsbereich von f ein Intervall sei, ist wichtig für 3.1.2.

Besteht dieser Definitionsbereich etwa aus zwei getrennten Intervallen (wie z. B. bei f:R{0}R: x1x2 ),
so kann man auf jedem dieser Intervalle eine eigene additive Konstante wählen.

Im Beispiel wäre

G:R{0}R: x{1x falls x(,0),171x falls x(0,+)

eine Stammfunktion für die eben betrachtete Funktion f.

3.1.4. Schreibweise.

Statt die Menge [F] anzugeben, schreiben viele Autoren f(x)dx= F(x)+c und meinen damit die eben genannte Menge von Funktionen.

Da die Stammfunktion nur bis auf eine additive Konstante bestimmt ist, muss man bei Gleichheit von Stammfunktionen Vorsicht walten lassen:

Eigentlich muss man stets von der Menge aller Stammfunktionen sprechen.

Meistens gibt man kurzerhand einen Vertreter F dieser Menge an.
Die eckigen Klammern erinnern uns, dass wir aus dem einen Vertreter F die Menge [F]={F+x|F+xxRxR} zu bilden haben.

3.1.5. Definition.

Ist F eine Stammfunktion für f:IR, so nennt man für a,bI die Zahl

abf(x)dx :=F(b)F(a)

das bestimmte Integral über f von a bis b
oder das bestimmte Integral mit den Grenzen a und b.

Eine sehr gebräuchliche Schreibweise ist [F(x)]ab:= F(b)F(a).

3.1.6. Bemerkungen.

  1. Wegen 3.1.2 hängt die Definition des bestimmten Integrals nicht von der Wahl der Stammfunktion ab:
    Für eine zweite Stammfunktion G gilt G=F+c und daher
    [G(x)]ab =G(b)G(a) =F(b)+cF(a)c =F(b)F(a) =[F(x)]ab.
  2. Mit Hilfe des bestimmten Integrals kann man wieder eine Stammfunktion gewinnen:
    Fa(x):=axf(t)dt.
    Die Wahl von a entspricht der Wahl der additiven Konstanten.

3.1.7. Stammfunktionen von Standardfunktionen.

Unbestimmte Integrale vieler gebräuchlicher Funktionen findet man in Tabellenwerken wie etwa dem von Bronstein.

Besonders fundamental sind die folgenden:

f(x) xa ex bx sinx cosx sinhx coshx
f(x)dx [xa+1a+1] [ex] [bxlnb] [cosx] [sinx] [coshx] [sinhx]

f(x) 1x 1(cosx)2 11+x2 11x2 11+x2
f(x)dx [ln|x|] [tanx] [arctanx] [arcsinx] [arsinhx]

Hier sind a und b reelle Konstanten mit a1 und 0<b1.

Die Korrektheit der Tabelle verifiziert man durch Differentiation, vgl. 2.2.5.

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