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Eine Folge \((a_n)_{n\in\NN}\) reeller Zahlen ist genau dann konvergent, wenn es zu jedem \(\epsilon \gt 0\) eine natürliche Zahl \(n_\epsilon\) so gibt, dass für alle \(k,\ell \gt n_\epsilon\) gilt: \(|a_k-a_\ell| \lt \epsilon\).
Mit Hilfe von Quantoren ausgedrückt: \( \forall\,\epsilon \gt 0 \quad \exists\,n_\epsilon\in\NN\quad \forall\,k,\ell\in\NN\colon{}\quad \left(\,k,\ell \gt n_\epsilon \implies |a_k-a_\ell| \lt \epsilon \,\right) \,. \)
Anschaulich gesprochen: Eine reelle Folge konvergiert genau dann, wenn es für jede vorgegebene Fehlerschranke \(\epsilon \gt 0\) ein Endstück der Folge gibt, in dem sich je zwei Folgenglieder um weniger als \(\epsilon\) unterscheiden.
Das Cauchy-Kriterium spielt (zusammen mit der geometrischen Reihe zu \(q=\frac1{10}\)) eine ganz fundamentale Rolle bei der Beschreibung reeller Zahlen:
Wir betrachten die Kreiszahl
\( \begin{array}{rcrl} \pi &{}={}& 3,& 14159\, 41971\, 69399\, 37510\, \\&&& 58209\, 74944\, 59230\, 78164\, 06286\, 20899\, 86280\, 34825\, 34211\, 70679\, \\&&& 82148\, 08651\, 32823\, 06647\, 09384\, 46095\, 50582\, 23172\, 53594\, 08128\, \\&&& 48111\, 74502\, 84102\, 70193\, 85211\, 05559\, 64462\, 29489\, 54930\, 38196\, \\&&& 44288\, 10975\, 66593\, 34461\, 28475\, 64823\, 37867\, 83165\, 27120\, 19091\, \ldots \end{array} \)
Diese Zahl ist hier gegeben als nicht abbrechende Dezimalentwicklung, wir haben aber nach der \({250}\). Nachkommastelle abgebrochen, weil uns der Platz (oder die Geduld, oder die Kenntnis der Stellen) ausging.
Mit jeder neuen Stelle erhöhen wir die Genauigkeit: Die Angabe der Zahl auf \(n\) Nachkommastellen genau weicht vom wirklichen Wert nur noch um weniger als \(10^{-n}\) ab.
Mit anderen Worten: Wir betrachten die Folge
\( \begin{eqnarray*} p_1 & := & 3,1 \\ p_2 & := & 3,14 \\ p_3 & := & 3,141 \\ p_4 & := & 3,1415 \\ p_5 & := & 3,14159 \\ p_6 & := & 3,141592 \\ p_7 & := & 3,1415926 \\ p_8 & := & 3,14159265 \\ p_9 & := & 3,141592653 \\ p_{10}& := & 3,1415926535 \\ p_{11}& := & 3,14159265358 \\ \vdots \end{eqnarray*} \)
und hoffen, dass diese Folge konvergiert, mit \(\pi=\lim\limits_{n\to\infty}p_n\).
In der Tat ist die aus der Dezimalentwicklung gewonnene Folge \((p_n)_{n\in\NN}\) konvergent:
Zu gegebener Fehlerschranke \(\epsilon \gt 0\) suchen wir eine natürliche Zahl \(n_\epsilon\) so, dass \(10^{-n_\epsilon}=\frac1{10^{n_\epsilon}} \lt \epsilon\) [das ist möglich nach 1.5.8] und stellen dann fest, dass sich spätere Folgenglieder \(p_k,p_\ell\) (die mit \(k,\ell \gt n_\epsilon\)) um weniger als \(10^{-n_\epsilon}\), also um weniger als \(\epsilon\) unterscheiden.
Nach dem Cauchyschen Konvergenzkriterium 1.7.1 ist die Folge konvergent.
Um zu zeigen, dass der periodische Dezimalbruch \(0,\overline9\) exakt die Zahl \(1\) darstellt, fassen wir diesen auf als Grenzwert der Folge
\( x_1:= 0,9\,, \quad x_2:= 0,99\,, \quad x_3:= 0,999\,, \quad x_4:= 0,9999\,, \quad \ldots \)
Präzise definieren wir \(x_n:=1- \frac1{10^n} = \frac{10^n-1}{10^n}\) und erhalten \( 0,\overline9 = \lim\limits_{n\to\infty}\left(1-\frac1{10^n}\right) = 1-\lim\limits_{n\to\infty}\left(\frac1{10}\right)^n = 1 - 0 = 1 \) [mit Hilfe von 1.5.8].
Viele wichtige Anwendungen des Cauchyschen Konvergenzkriteriums findet man in der Theorie der Reihen.
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