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Es sei \((a_n)_{n\in\NN}\) eine Folge reeller Zahlen. Wir schreiben \( \blau{S_n:=\sum\limits_{j=1}^n a_j} \) für die Summe der ersten \(n\) Folgenglieder.
Die damit definierte Folge \((\blau{S_n})_{n\in\NN}\) nennt man eine (unendliche Reihe, oft schreibt man \( \sum\limits_{j=1}^\infty a_j \,, \) und meint damit zunächst die Folge \((S_n)_{n\in\NN}\).
Unendlich ist die Zahl der Summanden, aber nicht unbedingt die Summe der Reihe.
Man nennt \(S_n\) die \(n\)-te Partialsumme der Reihe \(\sum\limits_{j=1}^\infty a_j\).
Falls die Folge \((S_n)_{n\in\NN}\) konvergiert, nennt man die Reihe konvergent, und bezeichnet den Grenzwert als den Wert oder die Summe der Reihe.
Man schreibt dann
\( \alert{\sum\limits_{j=1}^\infty a_j := \lim\limits_{n\to\infty}S_n} \)
(obwohl wir diese Bezeichnung eigentlich schon vergeben haben).
Wenn die Folge \((S_n)_{n\in\NN}\) nicht konvergiert, nennt man die Reihe divergent.
Die Reihe \(\sum\limits_{j=1}^\infty \frac1{j^2}\) ist konvergent.
Wir müssen zeigen, dass die Folge \((S_n)_{n\in\NN}\) der Partialsummen \(S_n:=\sum\limits_{j=1}^n\frac1{j^2}\) konvergent ist. Dazu verwenden wir das Cauchysche Konvergenzkriterium: Wegen
\( \frac1{j^2} \lt \frac1{j^2-j} = \frac1{j(j-1)} = \frac{j-(j-1)}{j(j-1)} = \frac1{j-1} - \frac1j \)
ergibt sich für \(k \gt \ell\):
\( \begin{eqnarray*} |S_k-S_\ell| & = & \sum_{j=\ell+1}^k\frac1{j^2} \, \lt \,\sum_{j=\ell+1}^k\left(\frac1{j-1}-\frac1j\right) \\ & = & \frac1\ell-\frac1{\ell+1} + \frac1{\ell+1} - \frac1{\ell+2} + \cdots + \frac1{k-1} - \frac1k \\ & = & \frac1\ell - \frac1k \,. \end{eqnarray*} \)
Man wählt \(n_\epsilon\in\NN\) so, dass \(\frac1{n_\epsilon} \lt \epsilon\) gilt, und erhält für \(k \gt \ell \gt n_\epsilon\) die Abschätzung
\( |S_k-S_\ell| \lt \frac1\ell - \frac1k \lt \frac1\ell \lt \frac1{n_\epsilon} \lt \epsilon \,, \)
wie verlangt.
Die Summe der Reihe \(\sum\limits_{j=1}^\infty \frac1{j^2}\) (also der Grenzwert der Folge \( \left(\sum\limits_{j=1}^n \frac1{j^2}\right)_{n\in\NN}\) der Partialsummen) ist \( \sum\limits_{j=1}^\infty \frac1{j^2} = \frac{\pi^2}6\).
Dies zu beweisen, übersteigt unsere derzeitigen Möglichkeiten.
Die geometrische Reihe ist gegeben durch \( \sum\limits_{j=0}^\infty q^j \,. \)
Die Summation beginnt bei \(j=0\), nicht bei \(j=1\): Das ergibt eine hübschere Formel für die Summe der Reihe.
Für \(|q| \lt 1\) gilt \(\alert{\ds \sum_{j=0}^\infty q^j = \frac1{1-q}}\).
Wir berechnen
\( \begin{array}{rcl} \ds (1-q)\,\sum\limits_{j=0}^n q^j & = & \ds\sum\limits_{j=0}^n q^j - \sum\limits_{j=0}^n q^{j+1} \\ & = & \ds\sum\limits_{j=0}^n q^j - \sum\limits_{\ell=1}^{n+1} q^{\ell} \\ & = & 1 + q^1 + q^2 + \cdots + q^n \\ & & \phantom{1}{}- q^1 - q^2 - \cdots - q^n - q^{n+1} \\ & = & 1 - q^{n+1} \,. \end{array} \)
Daraus folgt \( \sum\limits_{j=0}^n q^j = \frac{1-q^{n+1}}{1-q} = \frac1{1-q} - \frac{q^{n+1}}{1-q} \,. \)
Für \(|q| \lt 1\) gilt \(\lim\limits_{n\to\infty}q^n=0\) nach 1.5.8, und die Behauptung folgt.
Wir betrachten die Folge der Partialsummen
\( \begin{array}{rcl} h_1 & := & \ds\frac11 \,, \quad h_2:=\frac11+\frac12 \,, \quad h_3:=\frac11+\frac12+\frac13 \,, \quad \\[5mm] h_n & := & \ds\frac11+\frac12+\frac13+\cdots+\frac1n \,. \end{array} \)
Diese bilden die harmonische Reihe.
Die harmonische Reihe ist nicht konvergent, die Partialsummen wachsen über jede vorgegebene Grenze hinaus.
Um das einzusehen, schätzen wir geeignete Partialsummen nach unten ab (um recht widerwärtige Hauptnenner zu vermeiden):
Für die \({2^n}\)-te Partialsumme \(h_{2^n}\) ergibt sich
\( \begin{array}{rccccccl} h_{2^n}=&1&+&\frac12&+&\left(\frac13+\frac14\right) &+&\left(\frac15+\frac16+\frac17+\frac18\right) \\[5mm] & & & &+&\cdots &+&\left(\frac1{2^{n-1}+1}+\frac1{2^{n-1}+2}+\cdots+\frac1{2^{n}}\right) \\[5mm] \gt &1&+&\frac12&+&\frac12 &+&\quad\frac12\quad + \quad\cdots\quad + \quad\frac12 \\[5mm] =&1&+&\frac n2 && \end{array} \)
— und das wird offenbar beliebig groß!
Man benutzt die harmonische Reihe vor allem dazu, die Divergenz anderer Reihen nachzuweisen (vgl. 1.9.12).
Die Exponentialreihe ist gegeben als \( \sum\limits_{j=\alert0}^\infty \frac1{j!} \) (wir summieren ab \(\alert{j=0}\)).
Weil die Summanden \( \frac1{j!}\) alle positiv sind, ist die Folge der Partialsummen \( S_n=\sum\limits_{j=0}^n \frac1{j!}\) streng monoton wachsend.
Die Abschätzung \((**)\) im Beweis von 1.2.8 besagt \(\sum\limits_{j=0}^n \frac1{j!} \lt 3\), also gerade \(S_n \lt 3\).
Damit ist gezeigt, dass diese Folge beschränkt ist.
Nach dem Satz von Bolzano und Weierstraß 1.6.5 ist die Folge \((S_n)_{n\in\NN}\) der Partialsummen (und damit die Reihe \( \sum\limits_{j=0}^\infty \frac1{j!}\)) konvergent.
In 1.2.8 haben wir die Monotonie und Beschränktheit (und damit die Konvergenz) der Folge \( \left(\left(1+\frac1n\right)^n\right)_{n\in\NN}\) nachgewiesen.
Dem Grenzwert dieser Folge haben wir den Namen Eulersche Zahl \(\E\) gegeben.
Man kann beweisen, dass auch \(\E= \sum\limits_{j=0}^\infty \frac1{j!}\) gilt.
Unsere Abschätzungen im Beweisgang in 1.2.8 haben also mehrmals vergröbert, im Endeffekt aber nichts an Genauigkeit verschenkt!
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